Chatkontrolle zur Bekämpfung sexueller Gewalt im Netz?

In ihrem Maßnahmenpaket zur effektiven Bekämpfung von sexuellem Missbrauch und seiner Verbreitung plant die Kommission u.a. eine umfassende Chatkontrolle.

➡️ Was ist die Chatkontrolle? In dem Gesetzesentwurf enthalten ist neben vielen anderen, wichtigen und guten Punkten zur Bekämpfung von sexueller Gewalt, wie etwa die Einführung eines EU-Zentrums zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, auch die Chatkontrolle. Also die Verpflichtung aller privaten Unternehmen, systematisch und flächendeckend Text-, Bild- und Videonachrichten nach verdächtigem Material zu untersuchen. Dies schließt sogar Datingportale oder Gamingchats ein. Über das sog. Client Side Scanning, also das Scannen von Nachrichten, bevor diese auf Endgeräten verschlüsselt werden, könnte dies sogar die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umgehen. Das würde das Recht auf Vertraulichkeit der privaten Kommunikation massiv verletzen.

Erkennt ein Algorithmus einen verdächtigen Inhalt im Abgleich mit umfassenden Datenbanken, werden die verdächtigen Nachrichten durch die Privatanbieter an polizeiliche Behörden weitergeleitet. Algorithmen sind allerdings in ihrer Natur fehleranfällig, weil sie klassifizieren, simplifizieren & kontextspezifische Informationen nicht beurteilen können. So würde auch das Recht auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets in Frage gestellt.

Eine solche Chatkontrolle ist auch verfassungsrechtlich bedenklich, denn der Europäische Gerichtshof hat ausgeführt, dass die Auswertung privater Kommunikation nur in sehr wenigen Ausnahmefällen zulässig & verhältnismäßig sein kann. Es ist zudem zweifelhaft, ob der Vorschlag mit geltendem europäischem und deutschem Grundrecht vereinbar ist.

Deshalb haben wir uns im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung als Ampel gegen Maßnahmen wie das Scannen privater Kommunikation und für das Recht auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets & für die Stärkung von Ende-zu-Ende #Verschlüsselung ausgesprochen. Das ist uns auch deshalb wichtig, weil der Entwurf nun eine gefährliche Blaupause für autoritäre Regime liefern könnte und so wichtige vertrauliche Informationsräume im Netz schließen könnte.